Mandoline 2006

Jetzt hieß es aufs Fohlen zu warten. Warten auf Queshya war genauso Nerven aufreibend wie "Warten auf Godot"! (Anmerkung von 2011: habe inzwischen eine sehr gute und gar nicht langweilige Inszenierung von "Warten auf Godot" gesehen!) Ein bischen Schwangerschaftsgymnastik und kleine Spaziergänge hielten uns bis März in Stimmung.

Dann wurde das Warten anstrengend, wir konnten es kaum erwarten. Alle verfügbare Literatur war schon aufgelesen und die unterschiedlichsten Aussagen verwirrten zusätzlich. Ende März waren wir fix und fertig. Ich wollte auf jeden Fall bei der Geburt dabei sein, denn ein Jahr zuvor war im Stall ein Fohlen unter der Eihaut erstickt, weil niemand da war um ihm zu helfen. Einige fanden diese Sorgen übertrieben, aber es ging ja um Mandoline und ihr Fohlen! Woran erkennt man, daß eine Stute in den nächsten Stunden fohlen wird? Sie ist unruhig, sie frist nicht, die Milch schießt ein, am Euter findet man Harztropfen, der Po fällt ein. Einiges war seit mindesten 7 Tagen der Fall, darauf daß Mandoline nicht frißt könnte man ein Leben lang warten!.

Jemand sagte mir, daß das Euter kurz vor der Geburt anfängt zu glänzen, als sei es mit Speck eingerieben worden. Am 11.04.06 fiel mir genau das auf. Darum entschlossen wir uns ganz im Stall zu bleiben, statt nochmal wieder zu kommen. Wir gingen immer mal wieder nachschauen, der Euter glänzte immer mehr. Mitten in der Nacht wurde Mandoline wirklich unruhig, scharrte wie eine Besessene und stöhnte. Jetzt ging es also wirklich los. Als Mandoline Schwierigkeiten hatte das Fohlen herauszupressen, halfen wir bei jeder Wehe etwas mit. Das erste was ich sehen konnte war eine riesige Blesse. Oh mein Gott wie Mandoline! Die Eihülle lag über dem Kopf, wir mussten sie entfernen. Da lag das kleine Wesen im Stroh aber Mandoline interessierte das noch nicht. Sie musste sich erst mal von den Strapazen erholen. Das war keine leichte Geburt. Zum Glück hatten wir alte Decken zum trockenreiben da, es war eine eisige Nacht. Ich sah einen Zipfel und dachte ich hätte ein kleines Hengstchen bekommen aber Klaus korrigierte mich, was ich gesehen hatte war der Nabel (peinlich). Schlieslich stand Mandoline auf um sich ihr Fohlen anzusehen. Queshya wieherte und die gesamte Herde antwortete! Das war ein unglaublicher Moment. Mandoline sah aus als könne sie es selber nicht glauben. Was war das blos, das da im Stroh lag?

Wir halfen Queshya aufzustehen. Sofort steuerte sie auf Mandoline zu. Mir war etwas mulmig, hoffentlich ging das gut. Mandoline wußte gar nichts mit dem langbeinigen Wesen anzufangen und schaute. Bei der Suche nach der Milch halfen wir auch etwas nach, aber Mandoline drehte sich immer mit ,sobald Queshya in Richtung Euter ging. So als wolle sie nachschauen wohin die Kleine ging. Also hielten wir Mandoline kurz fest und halfen Queshya bei ihrer Suche. Als Queshya Mandolines Flanke berührte hob sie sogar das Bein. Ihre Augen wurden groß als Queshya das Euter gefunden hatte. Im Morgengrauen fuhren wir nach hause und machten ein Schläfchen. Mittags kam Queshya zum ersten Mal auf die Weide und zeigte sofort, daß sie eine Rakete werden wollte. Unglaublich, daß ein wenige Stunden altes Fohlen so steigen und bocken und vor allem so rennen kann - und immer in die andere Richtung als Mama! Arme Mandoline, sie hatte alle Hände voll zu tun! Die erste Zeit war ganz schön aufregend. Ich fühlte mich wie frisch verliebt. Queshya hielt Mandoline und mich ganz schön auf Trab. Aber wir genossen die Zeit und Queshya entwickelte sich prima. Im Sommer kam meine Freundin aus der Schweiz zu besuch und gabe mir und Mandoline ein paar Stunden. Das wurde reiterlich zum Schlüsselerlebnis. Erstmals gelang es mir Mandoline dazu zu bringen nachzugeben und sie am Zügel zu reiten Im September sah ich auf einer Fohlenschau in der Schweiz ein Quintofohlen, daß ich spontan kauft weil es mir so gut gefiel. Miss ist eine Vollschwester meiner Freundin aus der Schweiz. Da ich mich aber entscheiden musst verkaufte ich sie einer sehr guten Freundin und behielt Queshya, von der ich mich nicht trennen konnte. Bei Miss und Renate war es Liebe auf den ersten Blick. Das war für mich zwar etwas schmerzlich, machte mir die Entscheidung für Queshya aber leichter. Inzwischen hatten wir mit Miss 4 Pferde und das war als Einsteller einfach zu teuer. Im Oktober bot sich die Gelegenheit mit Freunden einen eigenen Stall anzupachten. Da genügend Weide und auch noch ein Reitplatz vorhanden war, konnten wir die Gelegenheit nicht verstreichen lassen. Wir griffen zu und pachteten den Stall. Den Rest des Jahres verbrachten wir mit Umbauten und Instandsetzungen.

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