Warum ich in diesem Jahr kein Fohlen ziehe!

Seit einiger Zeit wünsche ich mir noch einmal ein Fohlen zu ziehen. Bei der Auswahl des Hengstes sind mir sehr viele Dinge wichtig. Das liegt aber auch daran, dass ich dieses Fohlen, das ich jetzt schon seit einiger Zeit plane, nicht als Experiment sehen möchte. Ich habe vor mindestens ein Fohlen unserer Stute zu behalten und daher habe ich nicht viele Versuche ein Pferd zu züchten, das meinen Vorstellungen entspricht. Ein Pferd ist zu teuer und macht zu viel Arbeit um sich mit einem Exemplar herumzuärgern, dass nicht zu einem passt. Diese Erfahrung habe ich in der Vergangenheit bereits das ein oder andere Mal gemacht und möchte sie nicht wiederholen. Die erste Hürde ist es, einen Hengst zu finden, von dem ich in der Kombination mit meiner Stute eine Chance habe, das zu bekommen was ich möchte. Dafür kann ich mich nicht nur auf Statistiken, Bilder oder Erfahrungen anderer verlassen. Gerade wenn es um das Interieur geht, sind eigene Erlebnisse mit Hengsten und Stutenfamilien für mich essentiell. Aber auch die Beurteilung von Gängen ist meiner Erfahrung nach unterschiedlich. Ich persönlich lege den Schwerpunkt nicht auf eine beeindruckende Gangmechanik mit Vorderhandaktion, sondern freue mich an einem Rückengänger, der schön im Takt schwingt, etwas Elastizität die mich beim Reiten mitnimmt. Ich habe in der Vergangenheit gelernt, dass Ein und das Selbe oft unterschiedlich bewertet wird. Dies ist ja auch nicht verwunderlich, da sich jeder etwas anderes wünscht und auf der eigenen Stutenbasis beurteilt werden muss.

Als Freibergerbesitzer in Deutschland, habe ich 3 Möglichkeiten ein Fohlen zu ziehen. Ich könnte meine Stute in die Schweiz zum Decken bringen, ich habe die Möglichkeit auf künstliche Besamung zurückgreifen, oder ich wähle einen Freibergerhengst aus Deutschland. Die aufwändigste Lösung ist es dann, die Stute in die Schweiz zu bringen. Von uns aus, sind es bis Bern ca. 600 km, wenn ich das als durchschnittliche Fahrstrecke annehme, kann ich davon ausgehen mindestens 8 Stunden mit Transporter unterwegs zu sein. Auch wenn es bequeme Lösungen am Zoll gibt, ist es doch etwas anderes als im Inland zum Decken zu fahren. Zum Beispiel muss ein aktuelles amtstierärztliches Attest, bei jeder Einreise vorgelegt werden. Es macht daher für uns keinen Sinn, die Stute nach der Rosse abzuholen, eigentlich müsste sie in der Schweiz verbleiben, bis ein positiver Ultraschall vorliegt. Ich muss also einen Betrieb finden der Zuverlässig ist, damit ich meine Stute dort mindestens 30 Tage ohne Besuchsmöglichkeiten meinerseits lassen kann. Ich muss mich darauf verlassen können, dass der Betrieb mein Pferd ordentlich versorgt, es an die frische Luft bringt, damit es nicht 30 Tage in der Box steht, die Stute sorgfältig beobachtet um den richtigen Deckzeitpunkt zu nutzen, sich um den Ultraschall kümmert. Außerdem muss der Betrieb erreichbar sein, bzw. den Kontakt mit mir halten, damit ich mich für die Abholung organisieren kann. Ich brauch nicht täglich ausführlichen Schilderungen darüber, wie meine Stute geschlafen hat, jedoch möchte ich wissen, ob und wann meine Stute rossig ist, wann zuletzt gedeckt wurde und ob die Stute erneut rossig ist, oder ein positiver Ultraschall vorliegt.

Die zweite Möglichkeit, die der künstlichen Besamung, bringt schon bei der Auswahl eines Hengstes Einschränkungen mit sich, da es nicht von allen Hengsten EU-tauglichen Samen gibt. Hinzu kommt, dass die Erfolgsquoten, mit denen beim Natursprung offenbar nicht mithalten können. Die Kosten für die künstliche Besamung sind in jedem Fall höher als beim Natursprung in Deutschland. Ich für meinen Teil, möchte die Entscheidung für einen Hengst nicht davon abhängig machen, ob er in D oder in CH steht. Ich wähle denjenigen aus, von dem ich glaube am ehesten einen Nachkommen zu bekommen, mit dem ich glücklich werde. Die Auswahl an Hengsten in Deutschland ist noch nicht sehr groß. Daher sind nicht unendlich viele Modelle und Blutkombinationen in der Auswahl. Auch kann man sie nicht, wie in der Schweiz, bei einer Hengstpräsentation, im Vergleich meist auch am Wagen, oder unter dem Sattel, nebeneinander sehen. Da die Population noch sehr klein und über Deutschland verteilt ist, gibt es für Freiberger-Hengst-Besitzer nicht viele Möglichkeiten ihre Hengste einem spezifischen Publikum zu präsentieren. Aus demselben Grund kommen hier bei Hengstbesichtigungen mindestens genauso viele km Fahrweg zusammen, wie bei einer Reise in die Schweiz. Also auf von Hamburg nach Bayern! Schön ist, dass ich die Erfahrung machen konnte, dass die Züchte hier in Deutschland auch sehr engagiert sind und sich ebenso wie Schweizer Züchter, viel Zeit nehmen Interessenten ihre Hengste zu zeigen.

Hengste die in D gekört wurden, werden von der Schweiz nicht anerkannt. Hinzu kommt jedoch, dass es auch innerhalb Deutschlands keine verbindlichen Vereinbarungen gibt. Weder für die Beurteilung von Fohlen, noch für einen Feldtest und auch nicht für die Körung eines Hengstes. Die Hengste, die ich mir angesehen habe, haben die Prüfungen für Haflinger (CVI) absolviert. Dies macht in meinen Augen auch Sinn, da dort Reiten und Fahren abgefragt wird. Bis zu diesem Zeitpunkt konnte ich vom Deutschen Förderverein für das Freibergerpferd keine Empfehlungen für Prüfungen in Deutschland bekommen. Es gab lediglich die Empfehlung, sich an Schweizer Vorgaben zu halten. Dies ist schon durch die Zuchtverbandsordnung der FN so festgeschrieben, da die Schweiz als Herkunftsland des Freibergerpferdes das Ursprungszuchtbuch führt (siehe Zuchtverbandsordnung, Allgemeine Bestimmungen A § 4 (3) http://www.pferd-aktuell.de/pferdezucht/zucht-verbands-ordnung/zucht-verbands-ordnung-zvo ). Die bilateralen Verträge sehen vor, dass sich die Organisation, die das Ursprungszuchtbuch führt, im Gegenzug für die Anerkennung dazu verpflichtet, mit den Organisationen, die die Filialzuchtbücher führen zusammenzuarbeiten. Wie es jedoch möglich sein soll, sich an die Vorgaben aus der Schweiz zu halten, ohne dass es zumindest Empfehlungen für abzulegende Prüfungen, beispielsweise als Ersatz für den Feldtest gibt, ist mir nicht klar. Leider bekam ich keine Empfehlung für die Umsetzung in die Praxis. Verbindliche Vorschriften oder Empfehlungen, gibt es also auch seitens des Fördervereins nicht. Bisher ist es nicht möglich in Deutschland gezogene und geprüfte Freiberger in der Schweiz eintragen zu lassen. Der Schweizer Freibergerverband erkennt bisher lediglich von ihm selbst durchgeführte Prüfungen an. Das heißt, die Freiberger müssen als Fohlen auf einer vom SFV durchgeführten Show beurteilt worden sein, sie müssen als 3-jährige einen vom SFV durchgeführten Feldtest bestanden haben und Hengste müssen vom SFV an der Körung ausgewählt und den vom SFV abgehaltenen Stationstest bestanden haben. Beide Elterntiere müssen diese Voraussetzungen ebenfalls erfüllt haben. Prüfungsorte sind bisher ausschließlich in der Schweiz. Dass der Schweizer Freibergerverband versucht so seine Klientel zu schützen, mag auf den ersten Blick verständlich sein, jedoch werden Vereinbarungen gegenüber der EU nach meinem Kenntnisstand nicht wahrgenommen. (Deutsches TZG § 7 (4) folgende und Schweizerische TZV Art. 13). Auch die Herdenbuchordnung des SFV (HBO Art. 14) würde es dem Schweizer Verband durchaus möglich machen ausländische Prüfungen anzuerkennen. Im HBO Art. 14 heißt es „1. Für Pferde, welche im Ausland geboren wurden, gelten zur Aufnahme die gleichen Bedingungen wie für die in der Schweiz geborenen. 2. Um in die entsprechende Kategorie eingeteilt werden zu können, muss das Tier entweder an schweizerischen Prüfungen teilnehmen, oder an ausländischen Prüfungen, welche vorgängig durch den Schweizerischen Freibergerverband als gleichwertig anerkannt worden sind.“ Der Zuchtverband hätte also die Möglichkeit Körungen in Deutschland anzuerkennen. Dass der SFV sich dahingehend nicht öffnet, ist eigentlich umso unverständlicher, da zurzeit die Optionen für Einkreuzungen vom Schweizer Verband geprüft werden und man in diesem Zusammenhang offenbar dem Körungssystem in Deutschland oder Frankreich vertrauen möchte. Selbst nicht in Deutschland geborene Holsteiner und Hannoveraner können mittlerweile im Ausland eingetragen werden. Pikant hierzu sind auch die Aussagen des Schweizer Nationalrats Hans Grunder, auf einer VSP Weiterbildungsveranstaltung im Tierspital Bern am 7. 11. 2014. Hans Grunder, hielt ein Referat in dem er empfiehlt in der Schweiz geborenen Hannoveraner und Oldenburger in Kooperation mit europäischen Zuchtverbänden als Hannoveraner und Oldenburger Made in Switzerland zu vermarkten. Fragt sich also warum Schweizer Verbände die Verträge mit der EU lediglich einseitig anwenden. Falls der Schweizer Verband sich in der Frage der Anerkennung weiterhin nicht bewegt, bliebe Deutschen Züchtern noch ein Deutsches Pferd Freiberger Art zu züchten. Wobei der Begriff einer Rasse ein unbestimmter Rechtsbegriff ist und nicht geschützt werden kann. Die Bezeichnung Deutscher Freiberger zur Unterscheidung vom Schweizer Freiberger würde also völlig ausreichen. Dies kommt der Gründung einer neuen Rasse und damit dem Bruch mit dem Schweizerischen Zuchtverband gleich. Über die bilateralen Abkommen könnte der Deutsche Freibergerzuchtverband, dann sogar ohne Anerkennungsverfahren, in der Schweiz tätig werden. Ob sich dies in der Praxis durchsetzen liesse, kann ich nicht beurteilen und dies ist sicherlich auch nichts, dass sich jemand der den Freiberger liebt wünschen würde.

Der in den letzten Jahren unter Organisation des Bayerischen Stammbuches für Pony- und Spezialrassen und unter Beteiligung Schweizer Richter abgehaltene Sammeltermin für Fohlen und Stuteneintragungen wird laut Förderverein zukünftig nicht mehr stattfinden. Dieser Termin war auch keine echte Alternative, da die Anreise von beispielsweise Norddeutschland, zum Veranstaltungsort in Bayern, in keinem Verhältnis steht. Zumal Freiberger die von in Deutschland angekörten Hengsten abstammen, gar keine Chance auf Eintragung haben. Praxis ist es in Deutschland Freiberger Fohlen, Stuten und Hengste in das jeweilige regionale Stammbuch eintragen zu lassen. Die Regional-Stammbücher könnten sich darauf einigen, einen bestimmten Verband damit zu beauftragen, das Fillial-Zuchtbuch für Freiberger in ihrem Auftrag zu führen. (§9 ZVO). Der deutsche Förderverein für das Freiberger Pferd ist in den Prozess der Eintragung bisher nicht involviert. Das führt dazu, dass die Handhabung in den regionalen Stammbüchern in erheblichem Maße variiert. So soll es schon vorgekommen sein, dass Stuten ohne erfolgreichen Fahrtest oder Hengst ausschliesslich mit Zugprüfung eingetragen wurden. Damit wird auch deutlich, dass die Züchter in der Verantwortung für korrekte Zuchtbedingungen nicht alleine gelassen werden können.

Auch für die Zukunft besteht für in Deutschland gezüchtete Freiberger keine Rechtssicherheit. Laut § 9 ZVO kann eine Eintragung wiederrufen werden, wenn die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt waren oder nachträglich weggefallen sind. Sicherlich wird es eine Übergangsphase geben, in der seitens der Züchter noch nachgebessert werden kann. Das könnte jedoch auch mit einigem Aufwand und Kosten verbunden sein. Was das in der Praxis tatsächlich bedeutet, kann ich nicht absehen. Fakt ist, dass meine Fragen zu dieser Situation noch nicht beantwortet sind. Die meisten Informationen zu diesem Thema musste ich mir selber erschließen. Die Summe aller Faktoren spricht für mich in diesem Jahr nicht dafür eine Stute decken zu lassen. Wenn ich mich trotz der ungeklärten Lage im nächsten Jahr dazu entscheide, möchte ich zumindest genauer wissen worauf ich mich einlasse. Für Hilfe bei dieser Thematik wäre ich dankbar.

Barbara Heim März 2016

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